Donnerstag, November 212024

Handball WM: Deutschland fehlten Qualität und Weltklasse-Performance

Handball WM 2021 - Deutschland vs. Slowakei - Copyright: Königlicher Spanischer Handballverband / RFEBM - J. Navarro
Handball WM 2021 – Deutschland vs. Slowakei – Copyright: Königlicher Spanischer Handballverband / RFEBM – J. Navarro

Handball WM 2021 Frauen – IHF Handball Weltmeisterschaft: 

Handball WM 2021 Frauen – Kommentar, Deutschland, DHB, Nationalmannschaft, Henk Groener:

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft der Frauen unter Bundestrainer Henk Groener kehrte mit Platz Sieben von der IHF Handball Weltmeisterschaft zurück. Dies ist ein Platz besser als vor 2 Jahren in Japan bei leicht verändertem Modus und erstmaliger Teilnahme von 32 Nationen.

Das von den DHB-Funktionären gesteckte interne Ziel WM-Viertelfinale wurde erreicht. Das Halbfinale wurde nach 14 Jahren (Bronze 2007) trotz eines sehr guten Spielplans und Turnierbaums wieder verfehlt.

Zur Erinnerung und Einordnung der Platzierung: In Japan fehlte dem DHB-Team bei der knappen Niederlage gegen Serbien in der Hauptrunde Sekunden vor Schluss nur ein Tor zum Remis und dem Semifinale. Zudem wurden im WM-Turnier in begeisternden Matches nicht nur Dänemark (Vorrunde) sondern auch der spätere Weltmeister Niederlande (Hauptrunde) bezwungen.

Ein Kommentar in Thesen von SPORT4FINAL-Redakteur Frank Zepp.

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Die 25. IHF Women’s World Championship, die erste Handball Frauen Weltmeisterschaft mit 32 Teams, wird vom 1. bis 19. Dezember 2021 in Spanien ausgetragen.

18.12.2021SPORT4FINAL Online / Frank Zepp:

Handball WM 2021 Frauen – Kommentar zum Abschneiden der DHB-Auswahl unter Bundestrainer Henk Groener:

1. Sportliche Bilanz: WM-Platz 7. Fünf Siege, darunter vier Pflichtsiege (Tschechien, Slowakei, Kongo, Südkorea), ein glücklicher Erfolg über Ungarn und zwei schmerzliche Benchmark-Niederlagen gegen Dänemark (Debakel und höchste WM-Niederlage Allzeit) sowie Gastgeber Spanien im Viertelfinale.

2. Quintessenz Qualität: Die deutschen Frauen schafften das DHB-Minimal-Ziel Viertelfinale souverän. Die Nationalmannschaft besaß sowohl als Team nicht die sportliche Qualität für ein Halbfinale (Edelmetall) als auch im individuellen Bereich keine Spielerin von Weltklasse.

3. Weltspitze: Wirft man einen Blick auf die Halbfinalisten oder den im Viertelfinale gescheiterten Titelverteidiger Niederlande (im bislang hochklassigsten Match der Handball WM gegen Norwegen) sowie auch Schweden, dann kann man die Feststellung von Sport Vorstand Axel Kromer mit der deutschen Zugehörigkeit zur erweiterten Weltspitze nicht unterstreichen. Wir sind in den handballerischen Grundlagen – Torhüter, Abwehr, Positionsangriff (!!), taktisches Verhalten, mentale Stärke und fehlende Siegermentalität, Wurf-Qualität und -Effizienz, Zweikampfverhalten, Wettkampfhärte sowie der Ausbildung kompletter Spielerinnen – noch weit von der Weltspitze entfernt. Der Abstand ist auch seit Japan 2019 nicht verringert worden.

4. Weiterentwicklung der Mannschaft: Schon im Bericht zur Spanien-Niederlage reifte meine Erkenntnis, dass die Weiterentwicklung der Mannschaft im Turnier nur phasenweise erkennbar gewesen und auch mit vielen Fragezeichen noch zu versehen ist. Das trifft im positiven Fall auf die, im Gegensatz zur Vergangenheit, diesmal sehr souverän heraus gespielten Pflichtsiege zu. In den wichtigen Benchmark-Spielen gegen Dänemark und Spanien (ca. 40 Minuten) war ein Rückfall in „alte Zeiten“ erkennbar. Für mich völlig unverständlich ist Henk Groeners gedanklicher Ansatz, dass, ausgehend vom enttäuschenden Belarus-Remis-Spiel, die Mannschaft sich gut weiter entwickelt hat. Was unserem Team wieder nicht gelungen ist, in den Topspielen die Topleistung abzurufen. Dann wäre wirklich eine Weiterentwicklung erkennbar gewesen.

5. Benchmark: Für mich ist Benchmark im ureigensten Sinne der Vergleichsmaßstab mit den absolut besten Nationen in der Handball-Welt (um die Lücken zu erkennen und zu schließen), aktuell und dies seit Jahren mit Norwegen, Frankreich, Russland, Dänemark, Niederlande, auch Schweden tendenziell. Also nicht der zu erwartende Leistungssprung gegenüber dem Belarus-Spiel! Die besten Nationen müssen sportlich bezwungen werden. Konstant auf Jahre gesehen und dann gehört man wirklich zur absoluten Weltspitze und kann auf Medaillen realistisch hoffen.

6. Weltklasse- / Führungs-Spielerinnen: Leider muss man hier feststellen, dass wir in Deutschland diese für Top-Matches entscheidenden Weltklasse-Spielerinnen (noch) nicht haben. Auch die von Henk Groener vor der Weltmeisterschaft hervorgehobenen Akteurinnen in ausländischen Topvereinen, mit Emily Bölk und Alicia Stolle in Budapest oder Dinah Eckerle in Esbjerg, konnten zumindest Führungsaufgaben mit Leistung auch nicht vollumfänglich erfüllen. Allein die Kapitänin Alina Grijseels unterstreicht in dieser Saison in Dortmund und auch weitestgehend in Spanien diese besonderen Qualitäten in der Team-Führung.

Thema Individual-Entwicklung – zur Erinnerung: Stolle wurde schon bei der EHF EURO 2018 in Frankreich ins All-Star-Team der Europameisterschaft gewählt. Bölk ging nach einer guten Leistung im Südkorea-Spiel (Player of the Match) in den Spielen gegen Dänemark (0/7 Tore, 2 Assists, 3 technische Fehler) und Spanien (0/3 Tore, 6 Assists, 3 technische Fehler) völlig unter und ließ nicht mal ansatzweise Normalform erkennen.

Im Positions-Vergleich: Die fast ein Jahr jüngere Norwegerin Henny Reistad liegt insgesamt bei einer Wurfquote von 67 Prozent, 20 Assists und 9 technischen Fehlern. Bei DHB-Kapitänin Bölk sind die Werte 41 Prozent Quote, 26 Assists und 12 technische Fehler. Auch wenn ich mich hier wiederhole: In siegreichen Top-Spielen werden Weltklasse-Spielerinnen und Weltklasse-Mannschaften geboren und geformt. Davon sind wir aktuell noch weiter entfernt als von DHB-Seite (Axel Kromer) formuliert.

7. Analyse: Ohne eine detaillierte Einzel-Analyse schon vor den Finalspielen starten zu wollen, haben der SPORT4FINAL-Redaktion Kapitänin Alina Grijseels, Meike Schmelzer, Xenia Smits, Julia Maidhof, Luisa Schulze sowie für ihr erstes großes Turnier Torhüterin Katharina Filter (Quote 33 Prozent, 4 von 20 Siebenmetern gehalten, starke zweite Halbzeit gegen Spanien, Eckerle nur 28 Prozent Quote im gesamten Turnier) mit sehr guten bis guten Leistungen überzeugt. Ihrer Bestform weit hinterher liefen vor allem Kapitänin Emily Bölk, Amelie Berger, Alicia Stolle, Antje Lauenroth und Silje Brons Petersen (nur 40 Minuten Spielzeit in 7 Partien und keine Ergänzung bzw. Verstärkung auf der Spielmacher-Position). Xenia Smits ist dabei die kompletteste Spielerin in Abwehr und Angriff. Warum sie vom Bundestrainer zur Abwehrchefin auserkoren wurde, ist schon erstaunlich. Denn vor zwei Jahren in Japan wurden ihre Stärken auf Rückraum links und Rückraum Mitte benötigt.

8. Henk Groener: Prognose Weiterbeschäftigung und Verlängerung seines Vertrages bis 31. Dezember 2025 nach der Weltmeisterschaft in Deutschland und den Niederlanden und das Finale in seiner Heimat stattfindet. Nach vier Jahren Tätigkeit als Bundestrainer ist ihm zwar noch nicht der große „Medaillen-Wurf“ bei der Neuformierung der deutschen Nationalmannschaft gelungen, aber seine Trainer-Qualitäten und die seiner Spielerinnen, hoffentlich bald im Quantensprung an die wirkliche Weltspitze, machen immer noch Hoffnung. Warum aber DHB-Präsident Andreas Michelmann, der die Weiterbeschäftigung von Groener auf der gestrigen Pressekonferenz befürwortete, folgendes äußerte, bleibt etwas im Nebel: „Ziel ist es, bis zur Heim-WM 2025 eine konkurrenzfähige Mannschaft zu haben.“ Zuvor sind aber noch Europa- und Weltmeisterschaften sowie das olympische Handball-Turnier in Paris 2024.

9. Ausblick: Diesbezüglich schließe ich mich dem DHB-Präsidenten einfach an und zitiere seine gestrigen Gedanken: „Unser Problem ist, dass wir die Qualität der Spielerinnen haben, die wir jetzt haben. Daran arbeiten wir. Wir müssen aber langfristige Strukturen schaffen, die andere Länder haben. Daran hat sich bis jetzt nichts geändert. Es wird Zeit, dass die Liga langsam aus der Brühe kommt. Das gilt auch für die Landesverbände.“ Bis dahin ist aber noch sehr viel an Arbeit für den DHB, die Verbände sowie Spielerinnen und Bundestrainer zu erledigen.

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